Wandeldarlehen

Aktualisiert: 29.05.2023

Das Standardvertragswerk Wandeldarlehen besteht aus vier Teilen:

  • den einführenden Verwendungshinweisen, die zum Verständnis unbedingt vorab gelesen werden sollten,
  • dem zur Aufnahme von Wandeldarlehen ermächtigenden Gesellschafterbeschluss
  • dem eigentlichen Wandeldarlehensvertrag sowie
  • der Wandlungsverpflichtung.

Ergänzt werden die Dokumente durch ein Excel-Berechnungstool für Wandeldarlehensverträge.

Die Standarddokumente Wandeldarlehensfinanzierungsrunde einschließlich der Verwendungshinweise und des Berechnungstools für Wandeldarlehensverträge haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellen weder Rechts- noch Steuerberatung dar oder können diese ersetzen.

Weder das German Standards Setting Institute noch seine Gesellschafter oder die Mitglieder der vorbereitenden Arbeitsgruppe oder die Kanzleien oder Unternehmen, denen die Mitglieder der Arbeitsgruppe angehören oder die sie vertreten, haften für die Richtigkeit und/oder Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Dokumente.

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Arbeitsgruppe

Juristische Federführung: Osborne Clarke in Person von Rechtsanwälten Nicolas Gabrysch und Till-Manuel Saur

Osborne Clarke ist eine internationale Wirtschaftskanzlei mit über 1.800 Mitarbeitenden an 26 Standorten weltweit, davon 150 Anwältinnen und Anwälte in Berlin, Hamburg, Köln und München. Mit dem Anspruch „Helping you succeed in tomorrow`s world“, ausgeprägter Branchenkenntnis durch Vernetzung und herausragender Kompetenz vertritt Osborne Clarke Unternehmen, Unternehmer und Investoren in allen praktisch relevanten Fragen des Wirtschaftsrechts, nicht nur in ausgewählten Sektoren, sondern auch unter Fokussierung auf die drei Schlüsselthemen Digitalisation, Decarbonisation & Sustainability und Urban Dynamics.
www.osborneclarke.com

Mitglieder der Arbeitsgruppe:

Die genannten Positionen und Funktionen der einzelnen Arbeitsgruppenmitglieder entsprechen dem Stand zum jeweiligen Zeitpunkt der Initiierung der Arbeitsgruppe.

Bisher eingegangene Fragen

Pooling beim Wandeldarlehen

Ich bin derzeit im Seed-Fundraising. In der Praxis werden Wandeldarlehn teils für sehr geringe Tickets in Höhe von nur 25-50 k verwendet, was bei einer Wandlung zu Eigenkapital zu einem größeren Cap-Table führen würde. Wie muss ein Pooling direkt in den Dokumenten zu den Wandeldarlehn berücksichtigt werden? Muss hierfür bereits eine Poolinggesellschaft gegründet werden und eine Pooling-Vereinbarung getroffen werden?

Antwort von Rechtsanwalt Till-Manuel Saur, Osborne Clarke (juristisch federführende Kanzlei der GESSI Arbeitsgruppe Wandeldarlehen):

Die Standarddokumente enthalten in der Wandlungsverpflichtung bereits eine Klausel, mit der sich die Darlehensgeber verpflichten, im Rahmen der Wandlung einer Gesellschaftervereinbarung beizutreten, die auch ein Pooling beinhalten kann.

Bei Abschluss der Wandeldarlehen muss also noch nichts unternommen werden. Sobald die Darlehensgeber Gesellschafter werden, muss die Poolingstruktur aufgesetzt werden. Hier gibt es verschiedene Varianten. Von einem sehr einfachen, und kostengünstigen, aber nicht sehr sicheren vertraglichen Stimmrechtspooling über etwas komplexere aber sicherere Treuhandstrukturen, bis hin zu relativ komplexen Strukturierung von Poolinggesellschaften (Kapitalpooling) ist alles möglich.

Ergänzung der GESSI Redaktion:

GESSI hat auch Standardverträge zum Pooling entwickelt und zwar sowohl zum Stimmrechtspooling als auch zum Kapitalpooling. Der Standardvertrag für das Stimmrechtspooling ist mit einer Vertragsstrafe ausgestattet und daher ziemlich sicher. Beim Treuhandpooling ist zu beachten, dass Angels bei dieser Variante den INVEST Zuschuss nicht erhalten können.

Zinsberechnung beim Wandeldarlehen

„Alle Punkte Ihrer extrem hilfreichen Starthilfe haben sich uns gut erschlossen. Lediglich diesen Abschnitt im Paragraph 2.1 des Wandeldarlehen Templates konnten wir nicht nachvollziehen: ‘…ein Jahr 360 Tage hat, 12 Monate, eingeteilt in jeweils 30 Tage.‘ Worauf stützt sich diese von der konventionellen Kalenderrechnung abweichende Formel?“

Nr. 2.1 des GESSI Wandeldarlehensvertrages lautet:
Das Darlehen wird mit einem Zinssatz von [●●●●] % p.a. („Zinssatz“) verzinst, beginnend vom Eingang des Darlehensbetrages auf dem Gesellschaftskonto („Auszahlungstag“), basierend darauf, dass ein Jahr 360 Tage hat, 12 Monate, eingeteilt in jeweils 30 Tage.

Antwort von Rechtsanwalt Till-Manuel Saur, Osborne Clarke (juristisch federführende Kanzlei der GESSI Arbeitsgruppe Wandeldarlehen):

Es gibt eine ganze Reihe unterschiedliche Zinsberechnungsmethoden. Wir haben uns für die sogenannten „deutsche Methode“ entschieden. Diese Methode wird z.B. bei Wikipedia näher erläutert, ebenso wie andere Zinsberechnugnsmethoden:

Deutsche (kaufmännische) Zinsmethode
Der Zinsmonat umfasst immer 30 Tage, das Zinsjahr umfasst immer 360 Tage. In Monaten mit 31 Tagen werden der 30. und 31. als insgesamt ein Tag gezählt. Geht der Zeitraum über den Februar hinaus, so hat dieser auch 30 Tage. Bei Geschäften, die per Ende Februar enden, wird der Februar mit seinen tatsächlichen 28 oder 29 Tagen gezählt. Beispiele: 10. Januar 2001 bis 28. Februar 2001 ergibt 20 + 28 = 48 Tage, 10. Januar 2001 bis 10. März 2001 ergibt 20 + 30 + 10 = 60 Tage und 28. Februar 2001 bis 10. März 2001 ergibt 2 + 10 = 12 Tage.

  • Das Basisjahr wird ebenso wie Zinsmonat und Zinsjahr unabhängig von der Anzahl der tatsächlichen Tage mit 360 Tagen angesetzt.
  • Je nach Anlageart wird entweder der erste Anlagetag oder der letzte Anlagetag verzinst und der andere nicht.

Verpflichtung zum Pooling bei Wandlung

Was ist die Intension dieses Absatzes?

Was genau ist mit „Pooling von Gesellschafterrechten“ gemeint? Insbesondere welche genauen Gesellschafterrechte sollen gepoolt werden?

Welche genaue Bedeutung hat das Wort „auch“ (… welche AUCH ein Pooling von Gesellschafterrechten enthalten kann.)? Das Wort lässt meines Erachtens Interpretationsspielraum hinsichtlich der Auslegung zu z. B. Zustimmung zur Gesellschaftsvereinbarung, die auch XY beinhalten.

Absatz 5.8.4
Im Falle der Durchführung der Wandlung verpflichtet sich der Darlehensgeber, alle notwendigen Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, um nach Wahl der Gesellschaft ohne Änderungen, Vorbehalte oder Modifikationen bedingungslos entweder (i) der Gesellschaftervereinbarung (soweit bestehend) beizutreten oder (ii) Partei einer neu abzuschließenden Gesellschaftervereinbarung betreffend die Gesellschaft zu werden, welche auch ein Pooling von Gesellschafterrechten enthalten kann.

Interpretation:
Der Unterzeichner erklärt sich im Voraus mit einer Gesellschaftsvereinbarung einverstanden, deren Inhalt ihm nicht bekannt ist. Dies ergibt sich insbesondere aus der Tatsache, dass die Umwandlung im Vertrag als verpflichtend vorausgesetzt wird.

Antwort von Rechtsanwalt Till-Manuel Saur, Osborne Clarke (juristisch federführende Kanzlei der GESSI Arbeitsgruppe Wandeldarlehen):

Sie haben absolut Recht. Der Wandeldarlehensvertrag ist an dieser Stelle relativ vage und nicht sehr spezifisch formuliert. Die Formulierung ist aber ganz bewusst genau so vage gewählt. Der Hintergrund ist, dass die Wandlung im Regelfall im Zuge der nächsten Finanzierungsrunde stattfindet und der Darlehensgeber sich an die mit dem Lead-Investor verhandelten Bedingungen andockt und dieselben Bedingungen für sich akzeptiert. Diese Bedingungen müssen, damit das Unternehmen für zukünftige Lead-Investoren attraktiv bleibt, frei verhandelbar sein. Folglich geht der Darlehensgeber durch die offenen Formulierungen im Wandeldarlehnsvertrag ganz bewusst eine gewisse Offenheit für die in der Zukunft verhandelten Investmentbedingungen ein.

Dem Pooling kommt hierbei eine ganz besondere Bedeutung zu. Viele VCs akzeptieren mittlerweile keine fragmentierten Captables mehr, da der Abstimmungsbedarf und die möglichen Konflikte innerhalb der Gesellschaft mit der Anzahl der ungepoolten Gesellschafter steigen. Um auch hier das Start-up attraktiv für Investments durch VCs zu halten, stimmt der Darlehensgeber ganz bewusst bereits im Wandeldarlehensvertrag zu, sich einem -noch näher zu definierenden-Pooling zu unterwerfen.

Standard-Klausel zum Thema Rang der Anteile

Liebes GSSI-Team, bei einer meiner Beteiligungen nutzen wir eure Wandeldarlehensvorlage und sind nun auf Grund einer kurzen Laufzeit im Fall der Zwingenden Wandlung angekommen. Der Darlehensvertrag enthält folgende Standard-Klausel zum Thema Rang der Anteile: "Die im Rahmen einer Zwingenden Wandlung geschaffenen Neuen Geschäftsanteile sollen mit den gleichen Rechten und Vorzügen wie die ranghöchsten zum Zeitpunkt der Zwingenden Wandlung existierenden Geschäftsanteile versehen werden. Bei Gründung des Unternehmens haben zwei Investoren je 30k EUR investiert und wurden hierfür als „Gründungsinvestoren“ mit folgenden Rechte/Vorzüge belohnt: a. Einfach anrechenbare Liqui-Pref b. Übliche Veto/Zustimmungsrechte (Investorenmehrheit, etc.) Diese Rechte/Vorzüge sind aber nur im damals geschlossenen SHA festgelegt und nicht Teil der Satzung. Es gibt keine Definition von "Investorenanteilen" oder "Preferred Shares". Auf meinen Hinweis, dass ich erwarten würde, dass wir CLA-Investoren dem SHA auch als Gründungsinvestoren beitreten wurde mir geantwortet: "Unsere aktuellen Geschäftsanteile sind alle gleich, die Abgrenzung der Gründungsinvestor*innen ist rein auf Parteien/Personen bezogen und nicht auf die Anteilsklasse. Da wir ja nun “zwingend wandeln” und keine neuen Anteilsklassen im Rahmen einer qualifizierten Runde ausgeben, tretet ihr in derselben Anteilsklasse wir [...] Gründungsparteien bei." Wir Darlehensgeber sind von dieser Aussage sehr verblüfft. Ist dies ein einfacher "Taschenspielertrick", um Wandeldarlehensgeber schlechter als andere Investoren zu stellen? Wie argumentiert man sinnvoll gegen diese Aussage? Sowohl die Liquidationspräferenz als auch die Vetorechte sind ja primär zum Schutz unserer Investition in das Start-Up vorgesehen. Wie definiert ihr "ranghöchste Geschäftsanteile"? Um die Frage auch für den Fall einer qualifizierten Runde zu stellen: Könnte das Start-Up mit dem Lead Investor einer qualifizierten Runde nicht auch so argumentieren, dass im Rahmen des SHAs nur personalisierte Rechte an den Lead Investor vergeben werden, die aber keinen Rang von Anteilen darstellen/begründen. Das würde den Gleichrang der CLA-Investoren aushebeln. Wir würden uns über eine zeitnahe Rückmeldung freuen, da der Notartermin zur Wandlung in 10 Tagen bevorsteht.

Antwort von Rechtsanwalt Till-Manuel Saur, Osborne Clarke (juristisch federführende Kanzlei der GESSI Arbeitsgruppe Wandeldarlehen):

Vereinzelt wird im Rahmen von Wandeldarlehensverträgen ausdrücklich festgelegt, mit welchen Rechten bzw. Vorzügen die an den Wandeldarlehensgeber auszugebenden Gesellschaftsanteile ausgestattet sein sollen. In der Praxis hat es sich indes eingebürgert, von allzu detaillierten Regelungen im Wandeldarlehensvertrag abzusehen. Insbesondere, um zum Zeitpunkt des Abschlusses des Wandeldarlehens noch nicht bekannte Lead-Investoren einer Folgerunde nicht abzuschrecken. Es ist durchaus üblich, dass Lead-Investoren personalisierte Sonderrechte -z.B. einen Board Seat- fordern, die die Wandeldarlehensgeber gerade nicht erhalten sollen.
 
Oftmals wird im Wandeldarlehensvertrag schlicht vereinbart, dass das Wandeldarlehen in diejenigen Vorzugsanteile (mit den gleichen Rechten) gewandelt wird, die in der nächstfolgenden Finanzierungsrunde ausgegeben werden bzw. zum Zeitpunkt der (Zwingenden) Wandlung existieren. An dieser Praxis hat sich auch das GESSI-Muster orientiert und schlicht eine Wandlung in die „ranghöchsten Geschäftsanteile“ vorgesehen. Eine Definition der „ranghöchsten Geschäftsanteile“ enthält das GESSI-Muster nicht.
 
Eine gerichtliche Entscheidung zu der Frage, ob „ranghöchsten Geschäftsanteile“ (oder ähnliche Formulierungen) streng nach dem Wortlaut oder eher nach Sinn und Zweck auszulegen sind, existiert – soweit ersichtlich – nicht. Der Wortlaut spricht für die Auslegung der Gesellschaft. Schlägt man sich argumentativ klar auf die Seite des Wandeldarlehensgebers, ließe sich gut argumentieren, dass der Sinn und Zweck der Regelung über den reinen Wortlaut hinausgeht: der Wandeldarlehensgeber soll dieselben Rechte erhalten wie die Investoren der Finanzierungsrunde (bzw. der letzten Finanzierungsrunde). Dies entspricht der Logik typischer VC-Investments und dürfte somit Bestandteil der Investmententscheidung eines Investors sein. Die Anknüpfung an Anteilsklassen folgt lediglich aus dem Umstand, dass Vorzugsrechte wie Liquidations- bzw. Erlösverteilungspräferenzen, Anti-Dilution Klauseln, etc. in VC-Investments üblicherweise an Anteilsklassen geknüpft und nicht personalisiert gewährt werden. Ziel der Formulierung dürfte zudem nicht sein, ein Tor für Umgehungsgeschäfte zu öffnen, in der Form, dass Vorzugsrechte im Rahmen von Finanzierungsrunden bewusst „nur“ personalisiert gewährt werden.
 
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir mit dieser Argumentation den Grundgedanken der GESSI-Verträge ein wenig strapazieren. Als Standardverträge soll die GESSI-Wandeldarlehensdokumentation einen einfachen Weg darstellen, rechtsichere Verträge abzuschließen, die einerseits die große Mehrheit aller Standardfälle abdecken, gleichzeitig aber auch der jeweiligen Targetcompany ermöglichen einzelnen Gesellschaftern Sonderrechte zu geben. Außerdem sollen die Verträge ein die Interessen aller Parteien (Gesellschaft, Bestandsgesellschafter und Wandeldarlehensgeber) in angemessener Form würdigen.  Eine Regelung die besagt: „Die Wandeldarlehensgeber bekommen immer jedes mögliche im Gesellschafterkreis bestehende Sonderrecht“, war nicht intendiert. Das führt im vorliegenden Fall zugegebenermaßen zu einem aus Sicht der Wandeldarlehensgeber nicht gewünschten Ergebnis. Das liegt aber im wesentlichen daran, dass ein Standardvertrag naturgemäß nicht jeden Sonderfall abdecken kann. Aus diesem Grund werden die Muster bewusst als Word-Dokumente ausgegeben, um sie auf den individuellen Einzelfall nach Bedarf anzupassen.