Mitarbeiterbeteiligung
Aktualisiert: 25.05.2022 | Start: Januar 2021
Das Standardvertragswerk Mitarbeiterbeteiligung besteht aus drei Dokumenten:
- VSOP Verwendungshinweise,
- VSOP Zuteilungsschreiben,
- VSOP Optionsbedingungen.
Alle genannten Dokumente des Standardvertragswerks Mitarbeiterbeteiligung haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellen weder Rechts- noch Steuerberatung dar oder können diese ersetzen.
Weder das German Standards Setting Institute noch seine Gesellschafter oder die Mitglieder der vorbereitenden Arbeitsgruppe oder die Kanzleien oder Unternehmen, denen die Mitglieder der Arbeitsgruppe angehören oder die sie vertreten, haften für die Richtigkeit und/oder Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Dokumente.
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Juristische Federführung: Kanzlei Hengeler Mueller Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB in Person von
Clemens Höhn, Rechtsanwalt und
Dr. Jens Wenzel, Rechtsanwalt, Partner
Hengeler Mueller ist eine international tätige deutsche Anwaltssozietät mit Schwerpunkt im Wirtschaftsrecht. Die über 300 Rechtsanwälte arbeiten in Büros in Düsseldorf, Frankfurt am Main, Berlin, München, Brüssel und London. Die Kanzlei ist besonders im Bereich von Mergers & Acquisitions tätig. Weiter arbeitet die Kanzlei in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Bankrecht, Finanzrecht, Kapitalmarktrecht, Steuerrecht, Arbeitsrecht, öffentliches Wirtschaftsrecht und im Gewerblichen Rechtsschutz. Die Führung von Prozessen und Schiedsverfahren gehört ebenfalls zum Tätigkeitsspektrum.
www.hengeler.com/de
Mitglieder der Arbeitsgruppe:
- Dr. Stephan Bank, Rechtsanwalt, Partner Schnittker Möllmann Partner (SMP), Berlin
- Gloria Bäuerlein, Bundesverband Deutsche Startups e.V., Berlin
- Prof. Dr. Christoph von Einem, Rechtsanwalt, Partner ARQIS Rechtsanwälte, Angel Investor, München
- Matthias Helfrich, Angel Investor, Wiesbaden
- Clemens Höhn, Rechtsanwalt Hengeler Mueller Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Berlin
- Dr. Roland Kirchhof, Vorstand Business Angels Deutschland e.V. (BAND), Essen
- Michael W. Nimtsch, Angel Investor, Stadtbergen
- Dr. Christoph Rödter, Orrick, Herrington & Sutcliffe LLP, München
- Christoph Stresing, Geschäftsführer Bundesverband Deutsche Startups e.V., Berlin
- Dr. Benjamin Ullrich, Rechtsanwalt, Partner Schnittker Möllmann Partner (SMP), Berlin
- Christian Vollmann, Serial Enterpreneur, Angel Investor, Berlin
- Dr. Jens Wenzel, Rechtsanwalt, Partner Hengeler Mueller Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Berlin
Bisher eingegangene Fragen
VSOP Standard für AG?
Vielen Dank für die Erarbeitung von Standards für die virtuelle Mitarbeiter:innenbeteiligung am Beispiel der GmbH. Wir sind gerade auf der Suche nach Vorlagen für die Rechtsform der AG. Habt ihr eine Idee wo man hier fündig werden könnte und ob man eure Vorlagen hier auch nutzen oder ggf. anpassen kann?
Antwort von Rechtsanwalt Dr. Jens Wenzel, Hengeler Müller (juristisch federführende Kanzlei der GESSI Arbeitsgruppe Mitarbeiterbeteiligung):
Wir gehen davon aus, dass man auf den für die GmbH entwickelten Dokumenten auch für die AG zumindest ganz gut aufsetzen kann. Im Aktienrecht gibt es einige Sonderregeln für (echte) Aktienoptionen, bei denen m.W. z.T. umstritten ist, ob sie auch für virtuelle Programme gelten. Ihr rechtlicher Berater sollte ausgehend von den GmbH-Standarddokumenten etwaigen Anpassungsbedarf mit überschaubarem Aufwand ermitteln und umsetzen können.
Ausübungsereignis bei VSOP – Zum Verständnis der GESSI Texte
Wir haben ein Problem aus der Praxis mit der Formulierung der Ausnahme. Wir verstehen zwar, dass Verschiebungen von Anteilen innerhalb einer Firmengruppe bzw. einer Familie kein Trigger sein sollen. Aber: Im gerade erlebten Fall war es so, dass vor einiger Zeit Anteile an einen strategischen Investor durch Kapitalerhöhung ausgegeben worden waren, und jetzt wurde ein Exit so gestaltet, dass dieser Gesellschaft alle Anteile von den anderen Gesellschaftern erworben hat.
Wenn ich die Ausnahme im Mustervertrag richtig lese, würde ein solcher Ausstieg durch Übernahme aller Anteile durch einen Gesellschafter nicht die “Ausübung” triggern.
Das wäre nicht die Intention der Beteiligten, und ich glaube auch nicht, dass das von den Verfassern des Musters beabsichtigt war.
Im GESSI Standard VSOP heißt es in Nr. 5.2 Buchst. a) der Optionsbedingungen:
Als „Ausübungsereignis“ im Sinne dieser Optionsbedingungen gilt der Vollzug (d.h. Closing)
a) des Verkaufs und der Übertragung von über [fünfzig Prozent (50%)] der Gesellschaftsanteile an der Gesellschaft im Rahmen einer oder mehrerer zusammenhängender Transaktionen [(mit Ausnahme von Veräußerungen an Gesellschafter, mit Gesellschaftern verbundene Unternehmen im Sinne von §§ 15 ff. AktG, an nahestehende Personen von Gesellschaftern im Sinne von § 15 AO oder, soweit der übertragende Gesellschafter ein Investmentvermögen ist, an andere Investmentvermögen, die von mindestens einer juristischen oder natürlichen Person verwaltet oder in Bezug auf ihre Investmententscheidungen regelmäßig beraten werden, die auch das übertragende Investmentvermögen verwaltet oder regelmäßig berät)] („Share Deal-Exit“),
Antwort von Rechtsanwalt Clemens Höhn, Berlin, Hengeler Müller (juristisch federführende Kanzlei der GESSI Arbeitsgruppe Mitarbeiterbeteiligung):
Die betreffende Passage ist im GESSI Muster bewusst in eckige Klammern gesetzt und grau hinterlegt, weil sie nicht in jedem Fall passt. Das geschilderte Szenario (strategischer Investor im Cap Table, der möglicherweise Käufer ist) wäre ein Szenario in dem man diesen Zusatz häufig nicht aufnehmen oder zumindest modifizieren würde. Dann sollte man aber auch den nächsten Punkt (verbundene Unternehmen) i.d.R. nicht aufnehmen.
Vorlagen negative Liquidationspräferenz
Wir sind derzeit im Prozess der Umstrukturierung unserer Gesellschaft. Alte Gesellschafter sollen dem Team Anteile abtreten ohne das steuerliche Kosten anfallen. Wir bedienen uns hier der Methode der negativen Liquidationspräferenz, kurz NLP. Im Rahmen dieser NLP wird ein spezieller Kaufvertrag abgeschlossen und die Gesellschaftervereinbarung muss angepasst werden. Haben Sie Vorlagen zu diesem Thema, die Sie uns zur Verfügung stellen könnten?
Antwort von Rechtsanwalt Clemens Höhn, Berlin, Hengeler Müller (juristisch federführende Kanzlei der GESSI Arbeitsgruppe Mitarbeiterbeteiligung): NLP wird wie Sie schon richtig gesagt haben, v.a. durch eine Anpassung des SHA umgesetzt, muss aber immer an die konkreten vertraglichen Regelungen angepasst werden. Sie lässt sich aufgrund der häufig recht unterschiedlichen Liq. Pref. Regelungen und individuellen Besonderheiten derzeit nicht wirklich standardisieren.
Die vertragliche Umsetzung selbst ist eigentlich vergleichsweise einfach, muss aber natürlich im Einzelfall an die bestehenden Vertragswerke angepasst werden:
- Im SHA (und ggf. in der Satzung) sind die Anteile zu bestimmen, die mit der NLP belegt werden und der Betrag der NLP muss festgelegt werden.
- Der Waterfall/die Liq. Pref. werden derart angepasst, dass die NLP Shares (meist) auf der letzten Stufe mit den Common Shares pro rata partizipieren, aber erst wenn die auf sie entfallenden Erlöse rechnerisch den NLP Betrag erreicht haben.
- Teilweise werden auch weitere Anpassungen vorgenommen, wenn die Beteiligung rein wirtschaftlich sein soll (etwa Stimmrechtsentzug, Pooling in Beteiligungsvehikel o.ä.).
- Teilweise wird auch ein gecapptes VSOP ausgegeben, um das Delta zum NLP Betrag auszugleichen. Die Erlöse dürften i.d.R. der ungünstigeren Lohnsteuer unterliegen.
- I.d.R. wird eine Lohnsteueranrufungsauskunft und/oder verbindliche Auskunft des Finanzamts eingeholt, um das Risiko einer abweichenden Besteuerung der NLP Shares als der Lohnsteuer unterliegender geldwerter Vorteil zu reduzieren (dry-income Risiko).
Verfallsregelung bei VSOP
Was ist der konkrete Hintergrund des Verfalls nach einer bestimmten Laufzeit? Gibt es hier steuerliche Gründe (wie z.B. in den USA) oder andere Gründe? Dies widerspricht ja grundsätzlich der Idee des VSOP, den Mitarbeiter am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen und scheint mir dem Mitarbeiter gegenüber unfair.
In den Optionsbedingungen des Standardtextwerks VSOP heißt es unter Punkt 3.3 e):
„3.3 Sämtliche gevesteten und nicht gevesteten Optionen verfallen [stets] ersatz- und entschädigungslos, […] spätestens [zehn (10) Jahre] nach dem Zuteilungstag.
Rechtsanwalt Dr. Jens Wenzel, Hengeler Müller (juristisch federführende Kanzlei der GESSI Arbeitsgruppe Mitarbeiterbeteiligung):
Es ist nicht unüblich, für den Fall des Ablaufs eines bestimmten Zeitraums ohne Exit eine Verfallsregelung vorzusehen. Dabei wird die Frist so bemessen, dass sie länger ist als der angestrebte und für realistisch gehaltene Exit-Horizont. Die dahinterstehende Überlegung ist, dass sich in diesem Fall die ursprünglichen Erwartungen nicht erfüllt haben und es quasi im ersten Versuch "nicht geklappt hat". Dann möchte man reinen Tisch für ein neues Programm haben, das den dann vorherrschenden Rahmenbedingungen gerecht wird. Es gibt aber im Markt auch Programme ohne Höchstfrist.
GESSI VSOP Standarddokumnete für Freelancer nutzbar?
Kann der VSOP Standardvertrag auch für die Beteiligung von Freelancern eingesetzt werden? Welche Abschnitte müssten auf welche Art und Weise angepasst werden?
Antwort von Rechtsanwalt Clemens Höhn, Berlin, Hengeler Müller (juristisch federführende Kanzlei der GESSI Arbeitsgruppe Mitarbeiterbeteiligung):
Die GESSI VSOP Dokumentation kann grundsätzlich auch für die Beteiligung von Freelancern eingesetzt werden. Zum Anpassungsbedarf müssen wir zwischen den beiden Komponenten des VSOP - Optionsbedingungen und Zuteilungsschreiben - unterscheiden. Die Optionsbedingungen enthalten generelle Regelungen für das gesamte VSOP Programm und sollten i.d.R. für alle Begünstigten gleich sein - unterstellt der Großteil der Begünstigten sind die ordentlichen Arbeitnehmer der Gesellschaft. Das Zuteilungsschreiben ist das konkrete Angebot an die Begünstigten. Hierin werden die ökonomischen Aspekte (Anzahl Shares, Strike Price usw.) vereinbart und hierin können auch individuelle Abweichungen von den Optionsbedingungen oder sonstige Spezialregelungen im Einzelfall vereinbart werden.
Konkrete Anpassungen für Freelancer gehören also bei üblichen VSOP zweckmäßigerweise in das Zuteilungsschreiben und müssen sich an dem konkreten Dienstleistungsverhältnis und dem wirtschaftlich Gewollten ausrichten. Das müsste man im Einzelfall näher ansehen. Wirklich zwingend sind Anpassungen dabei häufig nicht, wenn die Freelancer sich unmittelbar in personam in einem üblichen Dienstleistungsverhältnis mit der Gesellschaft selbst befinden. Je spezieller das Dienstleistungsverhältnis, desto mehr Anpassungsbedarf mag bestehen. Einige Beispiele:
- Wenn die Freelancer mittelbar über einen Serviceprovider ihre Dienste an die Gesellschaft erbringen und über diesen Serviceprovider verschiedene Freelancer gleichzeitig tätig sind, sollte z.B. im Zuteilungsschreiben klargestellt werden, woran die Leaver Events genau anknüpfen. Nämlich die Beendigung der Diensterbringung nur des konkreten Freelancers. Eine Kündigung des gesamte Serviceprovidervertrags sollte nicht erforderlich sein.
- Wenn der Freelancer eine Zweckgesellschaft einsetzt, mag es im Einzelfall Sinn ergeben, bzgl. Ziffer 3.3 a) klarzustellen, dass auch Veräußerungen der Holdinggesellschaft zur Umgehung von 3.3 a) einen Verstoß gegen die Optionsbedingungen darstellen.
- Bei einer auf einen einzelnen Anlass bezogenen Dienstleistung können kürzere Vestingzeiträume vorgesehen werden oder in Abweichung von den Optionsbedingungen gar auf ein Vesting verzichtet werden, wenn die Leistung bereits vollumfänglich erbracht wurde. Umgekehrt könnte der Vestingzeitraum für Freelancer, die zwar dauerhaft, aber nur für eine vergleichsweise geringe Stundenzahl für die Gesellschaft tätig werden, im Zuteilungsschreiben verlängert werden. Natürlich sollte der unzutreffende Eindruck vermieden werden, dass es sich nur um Scheinselbstständige handelt. Insofern bietet es sich an, im Zuteilungsschreiben eine konkrete Regelung zum Vestingzeitraum aufzunehmen, die terminologisch nicht auf Arbeitsverhältnisse abestellt.
- Spezielle Regelungen zur Vertraulichkeit oder zu einem konkreten Wettbewerbsverbot mögen ebenfalls im Einzelfall angezeigt sein.